Freckenhorst (jor). Er schuf die Galgenlieder, den Gingganz und das Nosobem, das es - ähnlich wie die Steinlaus von Loriot den Weg ins medizinische Wörterbuch Pschyrembel nahm - als fingierter Lexikonartikel in Meiers Konversationslexikon, in den Brockhaus und letztlich auch ins Internetlexikon Wikipedia schaffte: Christian Morgenstern, deutscher Dichter, Schriftsteller, Übersetzer und, wenn man den Ausführungen von Marion und Markus von Hagen folgt, in gewisser Weise auch Philosoph.
Das Münsteraner Künstlerehepaar ließ diesen Morgenstern im Freckenhorster Bürgerhaus auferstehen und präsentierte dabei auch die unbekannten Seiten des Dichters, der eine ähnlich liebevolle Komik schuf wie der bekanntere Wilhelm Busch. Sie geht allerdings nicht so leicht über die Zunge und erschließt sich nicht so schnell - weil meist nicht durch Knittelverse unterstützt.
Mit seiner Vielfalt war Morgenstern ein idealer Autor für die Art, wie die von Hagens ihre umfangreiche Reihe "Literatur für Liebhaber" gestalten. Denn neben der Rezitation, der Hauptaufgabe von Markus von Hagen, geben sie einen tiefen Einblick in das Leben und dabei auch die Arbeiten der in der Reihe präsentierten Person.
Diese Aufgabe fällt Marion von Hagen zu, die zudem bei Dialogen den jeweiligen Counterpart übernimmt. Rund 50 Besucher hatten sich zur Veranstaltung eingefunden. Darunter bekannte Gesichter, die sich keinen dieser informativen Rezitationsabende entgehen lassen wollen, und wieder ein paar neue, die sich sichtlich freuten, den Weg in das kleine Kulturparadies gefunden zu haben.
Marion von Hagen breitete das Leben des Autors vor ihnen aus, der mit seiner lebenslangen Tuberkulose die Menschen auch heute noch dauert, denn Morgenstern, 1871 in München geboren, starb bereis 1914 an deren Folgen und für viele seiner Leser damit viel zu früh. Andererseits, auch dies wurde deutlich, schuf er neben komischen Werken mit den Jahren immer mehr Nachdenkliches auch zum Thema Tod, und niemand mag ermessen, ob er die Welt als gesunder Mensch nicht kulturell ärmer hinterlassen hätte.
Gerade auch seine erst posthum veröffentlichten und unbekannteren Werke sind Schätze, die zu heben es sich lohne, unterstrich das Künstlerpaar und relativierte sogleich durch Morgensterns eigene Worte: "Wenn ich aber tot sein werde, so tut mir die Liebe und kratzt nicht alles hervor, was ich je geschrieben, gesat oder getan."
Mit dem allerdings, was sie hervorkratzten, schufen sie einen künstlerischen Nachmittag, der wieder einmal begeisterte.
Freckenhorst (jor). "Du kannst ja doch Gitarre spielen" - die augenzwinkernde Bemerkung von Tobias Eselgrim quittierten sowohl der angesprochene Christian Rennemeier wie auch das Publikum mit fröhlischem Lachen. Natürlich kann er, wie er gerade erst, zu Beginn des zweiten Sets am Sonntag im Bürgerhaus, mit einem Solostück für klassische Gitarre bewiesen hatte. Danach spielen sie wieder so, wie das Programm sie angekündigt hatte: Andreas Schepp Trio Acoustic.
Ohne zu zögern traute sich Sänger Andreas Schepp an eine entspannte Version von Robbie Williams`Song "Eternity" heran und meisterte die Klippen, die der vermeintlich leichte Gesangspart bereithält. Schon zuvor hatte das Trio George Michaels "Different Corner" wieder auferstehen lassen und das Konzert sogar mit einer Nummer von Amy Winehouse "Love is a loosing game" aufgemacht. Und da war nix mit "loosing": Gleich nach den ersten Takten hatten sie das Publikum im nahezu voll besetzen Bürgerhaus für sich gewonnen.
33 Reservierungen habe es gegeben, berichtete Jutta Maier vom Vorstandsteam, was nicht allein darauf zurückzuführen sein kann, dass lokale Gruppen auch immer Familie und Bekannte mitbringen. Denn die kommen auch nur, wenn das Gebotene gut ist. Das war es am Sonntagnachmittag in der Kulturreihe des Bürgerhauses, die immer zwischen Torte und Tatort um 17 Uhr stattfindet, allemal. Doors, Bee Gees, Tom Odell und Smashing Pumpkins, sie alle hatten sich im alten Fachwerkhaus versammelt, um durch die sympathischen Acoustic-Versionen des Andreas Schepp Trios wieder in die Herzen der Zuhörer zu finden.
Wer davon am Sonntag nicht genug bekommen konnte, hat im Oktober in Everswinkel sowie im November beim Sassenberger Allerheiligenmarkt erneut Gelegenheit, den sanften Tönen des Trios zu lauschen. Im Bürgerhaus steht als Nächstes eine Fortsetzung der beliebten Reihe "Literatur für Liebhaber " mit Marion und Markus von Hagen auf dem Programm. Am 6. Oktober um 17.00 Uhr beleuchten sie Leben und Werk von Christian Morgenstern.
Freckenhorst (rik). Schon seit vielen Jahren beteiligt sich der Verein Freckenhorster Bürgerhaus an den Ferienaktionstagen der Stadt Warendorf. Immer in der ersten Ferienwoche verwandelt sich das Bürgerhaus dann in eine bunte Kreativwerkstatt. So auch in diesem Sommer:
"Wir haben auch diesmal wieder vor allem Bastel- und Kunstangebote. Die kommen bei den Kindern ab besten an", berichtet Mechthild Pawlowski vom Organisationsteam. Deshalb waren die Teilnehmerplätze auch schnell ausgebucht. "Einige Kinder besuchen auch gleich mehrere Kurse", freut sie sich über das große Interesse.
Insgesamt fünf Angebote hielt das Bürgerhaus in diesem Jahr bereit. Da wurden Traumfänger gebastelt, es entstanden Bilder aus Acrylfarbe, die Kinder nehmen Schlüsselanhänger mit selbstgebastelten Filzkugeln mit nach Hause und freuten sich über selbst hergestellten Perlenschmuck.
Nur an einem Nachmittag wurde nicht gebastelt, sondern programmiert. Unter Leitung von Mert Albers lernten die Teilnehmer, wie man einem kleinen Roboter mit Farben und Linien den richtigen Weg weisen kann. Der Roboter Ozobot zog übrigens auch einige männliche Teilnehmer an, in den Kunst- und Kreativkursen waren die Mädchen unter sich.
Während Albers neu im Team der Kursleiter ist, konnten die Verantwortlichen des Bürgerhauses bei den anderen Kursen auf bewährte Kräfte zurückgreifen. Lisa Richter, Kirsten Risse, Liesel Tertilt und Yvonne Tietze haben schon häufig bei den Ferienaktionen mit den Kindern gemalt und gebastelt. "Wir sind froh, dass wir uns so gut auf das Team verlassen können", betont Pawlowski. auch die Zusammenarbeit mit der Stadt Warendorf sei wieder gut gelaufen.
Mit den Ferienangeboten öffnet sich das Freckenhorster Bürgerhaus nicht nur für den Nachwuchs. "Auch einige Eltern schauen bei dieser Gelegenheit mal zu uns rein und können das Haus so ein bisschen kennenlernen", erklärt Pawlowski. Und vielleicht kommt der eine oder andere ja auch mal zu einer Kulturveranstaltung wieder.
Freckenhorst (jor). "Die Zukunft war früher auch besser" - mit diesem berühmten Zitat von Karl Valentin begrüßten Marion und Markus von Hagen am Sonntagabend die rund 30 im Durchschnitt Ü-50 liegenden Gäste im Freckenhorster Bürgerhaus. Vielleicht lag es am sonnigen Sonntagnachmittag, vielleicht an der beginnenden Urlaubszeit oder vielleicht - und eben hoffentlich nicht - daran, dass diese Form analogen Kulturinfluencertums per Auftritt live vor Publikum, in Zeiten der allgegenwärtigen Multimedialität an Zugkraft verloren hat, sodass es eben nicht mehr Menschen waren, die sich in einen Abend voller fein-, grob-, hinter- und unsinnigen Humors ver- und entführen lassen wollten.
Jedenfalls lag es nicht an den Protagonisten, die in genialem Zusammenspiel Leben und Werk des stets irgendwie schrägen bayrischen Volkssängers, Autors und Filmproduzenten darstellten, der im Rückblick vor allem auch eins ist: der Begründer deutscher Komik, wie das Land sie heute in berühmten Namen wie Loriot oder Otto kennt, die viel seines Werktypus aufgenommen, teils sogar kongenial kopiert und weiterentwickelt haben. Vor allem der als Loriot bekannte Victor von Bülow griff die Technik auf, kleine groteske Stücke über mitunter ebenso groteske Situationen, die jeder kennt, als Sketche zu inszenieren. Wer den von Hagens bei der Darstellung der in Süddeutschland sehr bekannten Sketchfigur Buchbinder Wanninger folgte, fühlte sich schnell an Loriots Lottogewinner Erwin Lottemann erinnert, dessen Tochter im Herbst mit dem Papst eine "Herrenbutike" in Wuppertal eröffnen wird.
Valentin habe die Absurditäten des Alltags ent- und aufgedeckt, so die Schilderung von Marion von Hagen. In der bewährten Form der Auftritte des Paares war sie es, die die Hintergrundinformationen über Vita und Werk des Mannes lieferte, der stet Wert darauf legte, dass sein Name mit einem "F" ausgesprochen wird.
"Grüßen Ihren Herrn Water" war seine Antwort, sofern in jemand "Walentin" aussprach.
Freckenhorst (jor). Markus von Hagen, gebürtiger Mittelfranke, rezitierte mit gekonntem Zungenschlag aus Valentins Werken. Dabei viele längere Passagen ebenso wie einzelne Zitate wie: "Ich freu`mich, wenn`s regnet. Denn wenn ich mich nämlich nicht freu`, regnet`s trotzdem."
Die anwesenden Ü-50er, denen der Autor nicht unbekannt schien, waren sehr angetan von all den kleinen und großen Erinnerungsstücken. Keinesfalls waren sie ein Publikum, wie Valentin es in frühen Jahren einmal erlebt hatte: "Das Publikum war entsetzt - aber sonst war es gut!"
Im Bürgerhaus Freckenhorst wird schon die nächste Saison geplant. Sie soll im Herbst beginnen und frühzeitig im Internet veröffentlicht werden. Der nächste Termin mit den von Hagens steht bereits fest: Am Sonntag, 6. Oktober, um 17 Uhr folgt erneut genialer Sprachwitz. Dann mit humorvoll-hintergründigen Versen von Christian Morgenstern.
Steht zu hoffen, dass die Zukunft solcher Art Kulturveranstungen - vor allem auch in der einzigartigen Atmosphäre des Freckenhorster Bürgerhauses - eine Zukunft ist, wie sie früher einmal war: besser!
Freckenhorst (jor). Es ist ein ungewöhnliches Bühnenbild, das sich den Besuchern des Bürgerhauses in Freckenhorst am Sonntagnachmittag zur gewohnten Kulturzeit zwischen Torte und Tatort bietet. Auf einem von einem roten Tischtuch bedeckten Tisch steht - eine Badewanne! Genauer: ein metallener Waschzuber mit erhöhtem Kopfteil zum Sitzen, wie man ihn noch bis in die 1960er-Jahre in vielen Haushalten fand, die über kein eigenes Bad verfügten. Ausgelegt mit dicken, samtenen, roten Kissen.
Aha, so ist das also gemeint mit der "Badewannenlesung", in der Manuela Reiser erotische Literatur vortragen will. Gut, dass sie wirklich in der Wanne badet, hatte im Publikum wohl auch niemand erwartet - so freizügig ist Freckenhorst dann doch nicht. Auch wenn - nur wenige Meter, aber dafür einige Jahrzehnte entfernt - hier an der Gänsestraße ein Etablissement bestanden haben soll, in dem die dort beschäftigten Damen sicher nicht bekleidet in eine Badewanne gestiegen wären.
Die in Schwarz - und nicht ganz züchtig - bekleidete Protagonistin betritt zu dezenter Musik den Raum. Ein wenig burlesk schreitet sie durch das Publikum und deutet in dezent lasziver Art an, dass sie ein wenig ihrer Bekleidung ablegen will. Nicht viel. Allenfalls die Netzstrümpfe deuten an, dass sie nicht zu einer Trauerfeier gekommen ist.
Manuela Reiser, Schauspielerin und Sprecherin, steigt in die Wanne und schaut sich um. Es habe also auch einige Herren hierher geführt, stellt sie fest, und dass die Heizung nicht funktioniert. "Aber ich glaube, es wird schnell warm genug", sagt sie mit einem hintergründigen Lächeln. Und fügt weiterhin lächelnd an: "Ich sage immer: Wenn die Paare hinterher ganz schnell verschwinden, habe ich alles richtig gemacht!"
Sie beginnt die Lesung mit zwei Gedichten, deren Erotik sich noch ein wenig versteckt. Sieht sich erneut um. "Wir sind ja Erwachsene und wissen, wie es geht", sagt sie vor der ersten erotischen Geschichte, die sie mit ihrer warmen, weichen, festen und dabei trotzdem leicht gehauchten Stimme vorliest. Mit dieser Stimme könnte sie stattdessen auch aus dem Telefonbuch rezitieren und der Titel "Erotische Lesung in der Badewanne" dürfte trotzdem bestehen bleiben.
Die über 30 Personen im Saal, alle Ü-30, sind so still, dass man Armbanduhren ticken hört. Die Wortwahl der Geschichten wird deutlicher. Sehr, sehr deutlich - und nimmt kurz vor dem Hauch des Pornographischen durch den Humor der von Manuela Reiser sorgsam ausgewählten Geschichten eine Wendung. Statt stummen Errötens der Anwesenden, zumeist Frauen, leises Kichern, an manchen Stellen auch fröhliches Lachen.
Alle sind erwachsen - und genießen diesen erneut außergewöhnlichen Stätnachmittag im Freckenhorster Bürgerhaus. Reichlicher Beifall - und gern auch reichlich Spenden für den erneut bei freiem Eintritt gebotenen Kulturgenuss - belohnen die perfekte Schauspiel- und Lesekunst von Manuela Reiser sowie das Gefühl der Veranstalter für gehobene Angebote weitab des Alltäglichen.
Ähnliches verspricht auch das weitere Programm des Bürgerhauses, wenn am Sonntag, 5. Mai, ab 17.00 Uhr Makus von Hagen gemeinsam mit dem Pianisten Michael Decker unter dem Titel "Irgendwo lacht ein Dinosaurier", eine Hommage an Georg Kreisler präsentiert.
Freckenhorst (jor). Das Freckenhorster Bürgerhaus hat sich, dank des unermüdlichen Einsatzes der Mitglieder des am 14. März 1996 gegründeten Vereins Freckenhorster Bürgerhaus, zu einem wichtigen gesellschaftlichen und kulturellen Treffpunkt in der Stiftsstadt entwickelt. Zumal in den vergangenen Jahren - und dies trotz der Coronazeiten - die Aktivität noch attraktiver geworden ist.
Bei der Mitgliederversammlung am Mittwochabend, die - wo sonst? - im Bürgerhaus stattfand, herrschte entsprechend gelöste und entspannte Stimmung, auch wenn allgemein bekannt war, dass mit Peter Marberg einer der Initiatoren und langjährigen Motoren des Geschehens an diesem Abend seinen Rückzug aus dem Vorstand vollziehen würde. Mit ihm legte auch die langjährige Kassiererin Andrea Teeke, die ihre Kassenberichte auch gerne mal in Reimform vorgetragen hatte, ihr Amt nieder.
Vor den Neuwahlen verdeutlichte Marberg, der bekannte, "wundervolle Jahre" gehabt zu haben, noch einmal sein Engagement für das Haus, denn vor nicht allzu langer Zeit war der Verein von einer Nachzahlungsforderung der Künstlersozialkasse überrascht worden, die Marberg reichlich sauer aufstieß.
Zwar erkannte er den Sinn dieser für Künstler und Publizisten unabdingbaren Institution zur sozialen Absicherung. Doch will ihm nicht einleuchten, dass Vereine, die Publizisten oder Künstler beauftragen, nur dann zu Zahlungen herangezogen werden, wenn sie neben ehrenamtlich Tätigen mindestens ein sozialversicherungpflichtiges Arbeitsverhältnis begründet haben. Andere Vereine bleiben abgabenfrei.
Marberg machte deutlich, dass er diese Ungleichbehandlung nicht nachvollziehen kann. Die Nachzahlung ist jedoch nicht der Grund für die am Mittwoch beschlossene Beitragserhöhung der seit Anbeginn unveränderten Beiträge.
Hintergrund
Die Beiträge stiegen von 15 Euro auf 20 Euro für Erwachsene, von 22,50 Euro auf 30 Euro für Familien oder Paare und von 30 Euro auf 40 Euro für andere Vereine. Der bisherige Beitrag von 7,50 Euro für Jugendlich entfällt.
Einig war man sich, dass sämtliche Veranstaltungen sehr erfolgreich sind und der Betrieb so weiter fortgeführt werden soll. Dafür zeichnen in Zukunft als Vorstandsteam Paula Rose, Sabine Kleine, Jutta Maier, Karin Wichmann, Regina Klose-Wittler, Beate Osthues, Maria Tönne und Mechthild Pawlowski verantwortlich. Dorit Wohlgemuth wurde zur neuen Kassenprüferin gewählt.
Von Joe Rieder
FRECKENHORST. Dass man nur mit dem Herzen gut sieht, wussten wohl alle der rund 40 Zuschauer, die sich am Sonntag spätnachmittags zur üblichen Zeit "zwischen Torte und Tatort" im Freckenhorster Bürgerhaus eingefunden hatten, um sich dort erneut in die Welt der Literatur entführen zu lassen. Doch diesen Satz aus "Der kleine Prinz", dem wohl berühmtesten Werk des französischen Autors Antoine de Saint-Exupéry, bemühten Marion und Markus von Hagen erst gar nicht bei ihrer kleinen Lesereise durch das Werk des Literaten.
Dieser war im Alter von nur 44 Jahren während eines Aufklärungsfluges über dem Atlantik von einem deutschen Piloten abgeschossen worden. Jener Pilot sei ein Bruder des bekannten Sängers Ivan Rebroff gewesen, erläuterte das literaturverliebte Paar aus Münster, das dem Publikum in gewohnter Weise Autor und Werk mit vielen unbekannten Details näherbrachte. Mit Textauszügen aus seinen Briefen, Büchern und der Nachwelt erhalten gebliebenen Fragmenten einerseits, und einem intensiven Blick auf die Lebensgeschichte des Mannes andererseits.
Marion von Hagen kam erneut die Aufgabe zu, die Lebensgeschichte und biografischen Hintergründe des Autors zu verdeutlichen, während Markus von Hagen den größten Teil der Textauszüge las. Anders als in einigen vorausgeganenen Besuchen des Paares im Bürgerhaus übernahm Marion von Hagen zudem Passagen aus Dialogen, die nicht von einem Lesenden allein hätten rezitiert werden können.
Der Vortrag zeigte deutlich, dass nicht nur der kleine Prinz es wert ist, in das geistige Kulturerbe der Menschheit einzugehen - auch wenn es genügend hochgebildete Menschen geben mag, die dessen Wert bezweifeln. Erzählkunst, gepaart mit tiefster Menschlichkeit, scheinen, neben der Fliegerei, die herausragenden Fähigkeiten des Autors gewesen zu sein. Schon ein einziger Satz aus seinem Buch "Nachtflug" verdeutlicht ebenso wie das genannte Zitat aus dem kleinen Prinzen, was an ihm so geschätzt wird: "Obwohl das Menschenleben unbezahlbar ist, handeln wir immer so als ob es etwas gäbe, das das Menschenleben an Wert übertrifft... Aber was?"
Der Abend endete - wie nicht anders erwartet - mit stürmischem Beifall und einem Geschenk der Lesenden an die Besucher. Wie üblich hatten sie dafür ein Textheft mit den vorgetragenen Textstellen vorbereitet - was durchaus anregen kann, sich weiteren Werken Saint-Exupérys zu widmen.
Auch der nächste Kulturschatz am 28. April im Bürgerhaus verspricht - erneut bei freiem Eintritt - ein besonderes Erlebnis: In der "Badewannen-Lesung" präsentiert Manuela Reiser erotische LIteratur.
Freckenhorst (jor). Man darf dem Team des Freckenhorster Bürgerhauses einmal mehr zum glücklichen Händchen bei der Auswahl seines Kulturprogramms gratulieren: Die Krimilesung "Sommer, Sonne, Strand und Mord" mit der Autorin Karen Kliewe erwies sich als eine gelungene Fortsetzung der bisher schon so erfolgreichen Sontagnachmittagsgestaltung unter dem Motto "Zwischen Torte und Tatort".
Auf Letzteren mussten die (leider nur) knapp 25 Zuhörenden, die trotz lauer Frühlingsluft und lang vermisstem Sonnenschein den Weg ins Bürgerhaus gefunden hatten, nicht bis nach der Tagesschau warten. Kliewe, die ihre Lesung mit einer eher mystischen Geschichte aus der mittelalterlichen Hansestadt Wismar begann, hatte selbst genug Krimi und damit auch Tatorte im Gepäck.
So wie in Wismar liegen auch die anderen Orte ihrer Fiktionenen zumeist an der Ostsee - und so heißt auch die bei Piper veröffentlichte Krimireihe über die Journalistin Johanna Arnold, mit der sie sich in die Bücherregale geschrieben hat. Ihre erste Veröffentlichung, "Letzte Spur Ostsee" sei perfekt in den ersten Lockdown gefallen, berichtet sie im Vorgespräch nicht ohne Ironie. "Mit den meist geschlossenen Buchläden eine sehr perfekte Zeit für ein Debüt."
Die gelernte Fotografin, die auch als Illustratorin und Grafik-Designerin tätig ist, hatte aus einer Laune heraus eine Geschichte aufgeschrieben. Und gemerkt, wie viel Spaß das macht. "Dann habe ich aber erstmal die Schublade auf und mit der Geschichte darin wieder zu gemacht - und sie dann doch einigen Leuten zu lesen gegeben", sagt sie. Der Rest ist Geschichte. Genau genommen sind es vier, mit "Die Brandung - Moorengel", das im Print am 14. März bei dtv erscheint, fünf.
Dass sie als Beckumerin nicht etwa den Tuttenbrocksee, sondern die Ostsee als Region gewählt hat, liegt an ihrer Affinität zu diesem beeindruckenden Fleckchen Meer und Erde. Sie kennt die Region, war ungezählte Male dort und pflegt zudem jene akribische Recherche, die fesselnde und zugleich glaubhafte Krimis ausmacht. Sie weiß, wovon sie schreibt. spricht mit Fachleuten, auch Rechtsmedizinern. Mag Präzision ebenso wie eine detail- und synonymreiche, wortgewandte Sprache. Leicht lesbar und zugleich auch wortgewaltig.
Die Kostproben aus "Kalter Sog", die nur einen Vorgeschmack geben konnten, fesselten die Zuhörenden, es war still. Bis auf den Applaus am Ende, der war laut. Und gerne beschäftigten sich die Anwesenden auch mit ihren zum Verkauf angebotenen Büchern, die die Autorin bereitwillig signierte.
Von Joe Rieder
Freckenhorst. Die "Puppenstube", wie die Betreiber des Freckenhorster Bürgerhauses das charmante kleine Häuschen nennen, das sich zu einem Wohnzimmer für Kulturinteressierte entwickelt hat, war am späten Sonntagnachmittag schlicht und ergreifend: voll! An der Tür ein Zettel mit der Information "Nur noch reservierte Plätze". Drinnen die Glücklichen, die einen solchen Platz hatten. Unter ihnen einige "Ersttäter", die zwar wegen des dargebotenen Programms gekommen waren, aber bereits vom ersten Eindruck des Bürgerhauses sehr angetan waren.
Sie durften sich wie alle anderen auf eine besondere Veranstaltung freuen, eine szenische Lesung. Für weniger Kulturbeflissene: Eine szenische Lesung bewegt sich irgendwo zwischen Hör- und Schauspiel, wobei die Akteure ihre Parts lesen und allenfalls in geringem Maße darstellen.
Entsprechend minimalistisch das Bühnenbild für das Stück "Zwei alte Frauen" nach dem Buch von Velma Wallis, das mit millionenfacher Auflage in mehr als 17 Sprachen erschien.
Einige Tierfelle symbolisieren die Lebensweise des Nomadenstamms im hohen Norden von Alaska, wo das Stück spielt. Eine rote Lampe deutet einen Feuerschein an. Auf dem Boden ein Geweih, auf dem Tisch eine Trommel, daneben zwei Kisten, auf denen Annette Roth und Gertrud Hosenberg Platz nehmen.
Die Intimität des Hauses und des Formats zwingt die Besucher nahezu mucksmäuschenstill zu sein. Nur die Stimmen der beiden Frauen sind zu hören. Ab und an kommen Geräusche hinzu, mit denen sie auf der Trommel Schritte im Schnee andeuten.
Die Handlung beginnt im tiefsten Alaskawinter, in dem ein Nomadenstamm von einer Hungersnot heimgesucht wird. Ihr Häuptling beschließt - nach Stammesgesetz - zwei alte Frauen als "unnütze Esser" zurückzulassen. Allein und verlassen in der eisigen Wildnis und in Konfrontation mit dem Tod, finden die beiden den Mut und den Willen zu überleben.
Damit ist bereits ein großer Teil der Handlung erzählt, doch das "Wie" des Überlebens macht die Spannung aus, die diesen Bürgerhausnachmittag "zwischen Kaffeezeit und Tatort" einmal mehr zu etwas Besonderem macht.
Roth und Hosenberg nehmen die Zuhörer - der Genuss des Stücks steigert sich noch, wenn man es zeitweise mit geschlossenen Augen als Hörspiel genießt - genial mit in die Welt der Handlung, die viel mit Hunger, und - schwere Kost für Vegetarier - dem notwendigen Töten und Verzehr von Tieren zu tun hat. Noch mehr aber mit Moral, Abgründen des menschlichen Überlebenswillens, aber auch menschlicher Wärme.
Ein langer, ehrlicher Applaus beendete schließlich nach rund 90 Minuten Kulturgenuss die konzentrierte Stille.
Text: Joe Rieder
Freckenhorst (gl). Das Papiertheater mit Manfred Kronenberg, Dieter Lohmann und Armin Düppmeier hat im Freckenhorster Bürgerhaus gastiert. Das Trio "andersARTIG" entführte das Publikum auf eine faszinierende Reise durch die klassischen Werke der Literatur, begleitet von musikalischen Klängen und lyrischen Reimen. Im Mittelpunkt standen die großen Dichter Goethe, Schiller und Shakespeare, die in göttlicher Pracht über einer stets stimmungsvoll beleuchteten Leinwand thronten. Kurzweilig wurden die zeitlosen Geschichten von Romeo und Julia, Götz von Berlichingen und Wilhelm Tell erzählt. Eine Geschichte spielte in Augsburg, denn in der Händlerstadt trafen sich Wilhelm Tell, Götz von Berlichingen und Romeo und Julia, um Saatgut auszutauschen und indirekt vür die Schweizer Toblerone verantwortlich zu werden. Die liebevoll gestalteten Figuren und Szeneinterieurs wirkten auf die Zuschauer nach, während die eigens für die Darstellung komponierten Klänge mit Mittelalterflair eine unvergessliche Atmosphäre schufen. Das Publikum war begeistert von diesem einzigartigen künstlerischen Erlebnis, das die Grenzen zwischen Vergangenheit und Gegenwart auf poetische Weise verschwimmen ließ.
Freckenhorst. Das Papiertheater mit Manfred Kronenberg, Dieter Lohmann und Armin Düppmeier entführte das Publikum auf eine faszinierende Reise durch die klassischen Werke der Literatur, begleitet von musikalischen Klängen und lyrischen Reimen - kurz ein kultureller Leckerbissen zwischen Kaffeetisch und Tatort am Sonntag.
Die Gruppe "andersARTIG" präsentierte ein ästhetisch gestaltetes Papiertheater, das die großen Dichter Goethe, Schiller und Shakespeare in göttlicher Pracht über einer stets stimmungsvoll beleuchteten Leinwand thronen ließ. Mit Hilfe von an Comics erinnernde Panels wurden kurzweilig die zeitlosen Geschichten von Romeo und Julia, Götz von Berlichingen und Wilhelm Tell erzählt.
Dieter Lohmann, begabter Reimer und Dichter, trug Zusammenfassungen der klassischen Geschichten mit seiner sonoren Stimme vor. Seine Darbietung forderte das Publikum heraus, denn der rhythmische Singsang, ähnlich einer Poetry-Slam-Aufführung, verlangte höchste Konzentration, heißt es in einer Pressenotiz zur Veranstaltung. Doch damit nicht genug, das Trio von "andersARTIG" begnügte sich nicht nur mit einer bloßen Wiedergabe der Heldengeschichten. Geschickt verwiesen sie auf die Gegenwart und entführten das Publikum kurzerhand nach Augsburg, denn in der Händlerstadt trafen sich Wilhelm Tell, Götz von Berlichingen und Romeo und Julia, um Saatgut auszutauschen und indirekt für die Schweizer Toblerone verantwortlich zu werden.
Die liebevoll gestalteten Figuren und Szeneinterieurs wirkten auf die Zuschauer nach, während für die Darstellung komponierten Klänge mit Mittelalterflair eine unvergessliche Atmoshäre schufen. Das Publikum war begeistert von diesem einigartigen künstlerischen Erlebnis, das die Grenzen zwischen Vergangenheit und Gegenwart auf poetische Weise verschwimmen ließ.
Die Veranstaltung im Freckenhorster Bürgerhaus bewies einmal mehr, dass Kunst und Kultur auch in kleinen Gemeinden wie Freckenhorst einen besonderen Platz im Herzen der Menschen haben und sie zu gemeinsamen Erlebnissen und kulturellem Austausch zusammenbringen können.
Freckenhorst. Man stelle sich vor: Sie sitzen im voll besetzten Freckenhorster Bürgerhaus und freuen sich auf das Musical der "Addams Family". Licht aus, Erwartung groß. Neben der "Bühne" Gepolter. Herein kommt eine junge Frau, ausgestattet mit diversen Utensilien, um die Bühne zu putzen. "Hat man Ihnen denn nicht gesagt, dass der Termin um einen Monat falsch ausgedruckt wurde?", fragt sie erstaunt das nicht minder erstaunte Publikum.
Die normale Reaktion wäre sicher gewesen: Aufstehen, gehen und vermutlich ziemlich deutlich meckern! Nicht so im Freckenhorster Bürgerhaus. Was weniger an möglichem Langmut der Bewohner der Stiftsstadt liegt, sondern daran, dass sie genau dafür 15 Euro Eintritt bezahlt haben. Sie wollen sehen, dass "Ophelia putzt ... eigentlich".
Denn die Protagonistin, von ihren Eltern mit diesem aus Shakespeares Hamlet bestens bekannten Namen verunglimpft, putzt nicht nur. Zunächst erzählt sie den Besuchern anhand gekonnter Darstellung von Figuren aus dem nicht stattfinden Musical, was diese gerade versäumen. Kurz darauf stößt der - ebenfalls irritierte - Pianist des Musicals hinzu, setzt sich ans Piano und kaut genüsslich, aber etwas abweisend an einer Butterstulle. Derweil erzählt Ophelia von ihrer nicht vorhandenen Musicalausbildung, ihren gescheiterten Castings und bringt den Pianisten dazu, sie bei ihren Gesangsstücken zu begleiten.
Man arrangiert sich - im dreifachen Sinne: Gemeinsam musikalisch in den bunten Strauß sehr verschiedenenr Musicalsongs (die neu kombiniert, speziell arrangiert und einzigartig dargeboten werden), sowie miteinander. Und auch das Publikum arrangiert sich mit der (un)erwarteten Situation und zeigt sich mehr und mehr begeistert, weil es mitgenommen wird: "auf eine spannende Entdeckungsreise zu den innersten Sehnsüchten und Träumen, die irgendwie doch jede/r in sich trägt und gerne ausleben will", wie es im Pressetext heißt.
"Ophelia putzt ... eigentlich" hat sich Lea Christiansen, der das Musical- und Theaterspielen erkennbar am Herzen liegt, "auf den Leib schneidern" lassen. Hier kann sie ihre vielseitigen Talente und ihre Ausdruckskraft komplett auf die Bühne bringen. Frank Harbour bedient sei über 30 Jahren die weißen und schwarzen Tasten für verschiedene Musikstile und in verschiedenen Konstellationen. Mit ihrem gemeinsamen Auftritt haben "LuF, Lea und Frank" das Publikum im (eigentlich viel zu kleinen) Bürgerhaus am Sonntag restlos begeistert.
Text: Joe Rieder
von Joe Rieder
"Wir haben gedacht, wir starten nach dem erfolgreichen letzten Jahr das neue Jahr mit einem Knaller", hieß es bei den Verantwortlichen für die Programmplanung des Freckenhorster Bürgerhauses - und ihr Plan ist aufgegangen.
Bis auf den letzten Platz war das Bürgerhaus am Sonntagabend besetzt. Und wären "Die Pinguine", jene A-cappella-Truppe aus Hoetmar, die das erste Konzert des Jahres bestritt, nicht so auffällig gekleidet gewesen, wer weiß: Vielleicht hätten sie keinen Zutritt mehr erhalten. Schon rund ums Bürgerhaus war zu erkennen, dass dieser Abend etwas Besonderes werden würde, denn Parkplätze draußen waren ebenso Mangelware wie Sitzplätze drinnen.
Die Vorteile liegen auf der Hand: Zum einen war es im sonst eher winterlich kühlen Fachwerkgemäuer muckelig warm, zum anderen durften sich die Veranstalter über guten Zuspruch an der Getränketheke freuen. Einnahmen generierten sie an diesem Abend wie gewohnt keine, der Eintritt war frei.
"Schön, dass so viele am Jahresanfang der Kultur beiwohnen", begrüßte das Ensemble seine Gäste. Der Jahreswechsel sei ja die Zeit der guten Vorsätze, und Kultur gehöre bei einigen sicherlich dazu. Erstaunlich viele Hände flogen in die Luft, als dieser Begrüßung die Frage folgte: "Wer ist denn aus freien Stücken hierhergekommen?"
Immerhin wurde schnell deutlich, dass der vor mehr als 30 Jahren gegründete Chor einen großen Fanclub von Freunden und Verwandten im Tross hatte. Bunt gemischt mit den zufälligen Besuchern erlebten sie einen musikalischen Ausflug in die Welt von Pop, Schlager und Evergreens der vergangenen rund 100 Jahre. Die Sängerinnen und Sänger in ihrem schwarz-weißen Outfit, einer Hommage an männliche Gesangsgruppen der 1900er- bis 1940er Jahre, nahmen sie mit zu "Top of the world", bereisten mit ihnen die Champs Élysées, küssten rote Lippen und freuten sich über Mary Lou, die glücklicherweise keine Männerbeinbekleidung trug. Ebenso wie das Fräulein Helen, das wohl gar keine Beinbekleidung angehabt haben soll. Ein Halleluja, nicht auf die Waden dieser Frau, sondern von Leonard Cohen, reihten sie ebenso ein wie den Weatherman und für Pflanzenliebhaber hatten sie an Tagen wie diesen einen kleinen grünen Kaktus mitgebracht. Der begeisterte Applaus forderte schließlich drei Zugaben, die die fünf Männer und sechs Frauen mit den irischen Segenswünschen "Möge die Straße uns zusammenführen" beendeten.
Das Bürgerhaus freut sich am 4. Februar (Sonntag) auf eine Theateraufführung aus Münster mit dem Titel "Ophelia putzt, ... eigentlich!"
Weitere Infos unter www.freckenhorster-buergerhaus.de